Warum nutzerzentrierte Digitalisierung in Kliniken endlich funktionieren kann: Ein Praxisbeispiel aus der Patientenaufklärung
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat ein zentrales Problem: Viele Lösungen entstehen am Bedarf von Ärztinnen und Ärzten vorbei. Trotz technologischem Fortschritt in nahezu allen Lebensbereichen wirkt ein Krankenhausbesuch für viele Patienten wie eine Reise in die Vergangenheit. Während OP-Säle modernsten technischen Standards entsprechen, dominieren auf Station Papierstapel, Festnetztelefone und Faxgeräte. Laut einer aktuellen Umfrage nutzt sogar jeder fünfte Arzt weiterhin das Fax als Kommunikationsmittel und für zwei Drittel bleibt das Telefon das bevorzugte Werkzeug zur Abstimmung.
Diese Diskrepanz zeigt, dass digitale Angebote zwar existieren, aber häufig an den realen Herausforderungen des Klinikalltags scheitern. Die Gründe liegen selten in mangelnder Technologie, sondern in fehlender Nutzerzentrierung, unübersichtlichen Oberflächen und Lösungen, die nicht zu den Arbeitsabläufen passen. Dadurch steigt die administrative Last kontinuierlich an. 2013 verbrachten nur 8 Prozent der Krankenhausärztinnen und -ärzte täglich mehr als vier Stunden mit bürokratischen Aufgaben, 2019 waren es bereits 35 Prozent. Trotz moderner Softwarelösungen hat sich die Belastung nicht verringert, da grundlegende Designprinzipien oft ignoriert wurden.
Ein besonders kritisches Beispiel ist die Patientenaufklärung vor operativen Eingriffen. Seit über 60 Jahren wird sie fast unverändert durchgeführt, obwohl Umfang und Komplexität der medizinischen Informationen stetig wachsen. Der gesetzliche Rahmen – insbesondere § 630e BGB – definiert zwar die Aufklärungspflicht, lässt jedoch offen, wie moderne, zeitgemäße Aufklärung gestaltet sein muss. In der Praxis führt dies dazu, dass Patienten nach wie vor papierbasierte Bögen voller Fachtermini erhalten. Gleichzeitig ist wissenschaftlich klar belegt, dass audiovisuelle und visuelle Aufklärung das Verständnis erhöht, die Compliance verbessert und sogar positive Auswirkungen auf postoperative Verläufe hat.
Dennoch werden viele verfügbare digitale Aufklärungsangebote kaum genutzt, weil sie kompliziert, unübersichtlich oder nicht intuitiv sind. Genau an diesem Punkt setzt medudoc an. Das Unternehmen hat gemeinsam mit Kliniken und Fachärzten eine Plattform entwickelt, mit der individualisierte Aufklärungsvideos erstellt werden, die auf die jeweilige Indikation und die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt sind. Diese personalisierte Form der Aufklärung ist in deutschen und Schweizer Kliniken bereits erfolgreich im Einsatz.
Erfolgsfaktoren für eine nutzerzentrierte Digitalisierung im Klinikalltag
Erfolgsfaktor 1: Digitale Lösungen müssen gemeinsam mit Ärztinnen, Ärzten und unabhängigen Kliniken entwickelt werden
Die Idee einer videogestützten Patientenaufklärung entstand unmittelbar aus dem Klinikalltag der Neurochirurgie. Dort müssen komplexe Eingriffe täglich wiederholt erklärt werden, oft in langen Monologen. Das Team von medudoc identifizierte den Bedarf direkt bei den Anwendern. Anschließend wurde die Lösung gemeinsam mit einem Netzwerk aus Fachärzten entwickelt und getestet. Dieser frühzeitige Einbezug führt dazu, dass die Plattform tatsächlich zu den realen Workflows passt und nicht an ihnen vorbeigeht.
Erfolgsfaktor 2: Prototypen dienen dem Lernen – und dem Verwerfen
Viele Kliniker kennen iterative Produktentwicklung nicht. Sie sind es gewohnt, fertige Systeme zu beurteilen. Für digitale Innovation ist jedoch entscheidend, Prototypen früh und häufig zu testen. medudoc entwickelte mehrere Versionen der Benutzeroberfläche und testete sie mit unterschiedlichen Fachgruppen. Das Ergebnis war eine völlig neue Plattform, die deutlich stärker auf die Anforderungen der Anwender ausgerichtet ist.
Erfolgsfaktor 3: Technologie muss anpassbar sein – nicht der Klinikprozess
Ein „One-fits-all“-Ansatz funktioniert im Gesundheitswesen nicht. Kliniken haben individuelle Abläufe, unterschiedliche Verantwortlichkeiten und variierende Anforderungen. Die Plattformarchitektur von medudoc ist deshalb bewusst modular aufgebaut. Sie berücksichtigt Standards, Leitlinien und aktuelle Forschungsergebnisse, ermöglicht aber gleichzeitig eine flexible Anpassung an individuelle Bedürfnisse. Dadurch entsteht eine Lösung, die nicht auf Biegen und Brechen eingeführt werden muss, sondern sich intelligent einfügt.
Erfolgsfaktor 4: Digitale Lösungen ersetzen nicht, sie ergänzen bestehende Prozesse sinnvoll
Der Mehrwert digitaler Patientenaufklärung liegt nicht im Ersatz analoger Materialien, sondern in veränderten Abläufen. Patientinnen und Patienten erhalten ihr individualisiertes Video im optimalen Moment vor dem persönlichen Gespräch mit dem Arzt. Dadurch kommen sie besser informiert ins Aufklärungsgespräch, stellen gezieltere Fragen und benötigen weniger Erklärungsschleifen. Kliniken berichten von bis zu 50 Prozent Zeitersparnis im Arzt-Patienten-Gespräch und einer spürbaren Reduktion des Dokumentationsaufwands.
medudoc kooperiert bereits mit Kliniken aus den Bereichen Anästhesie, Allgemein- und Neurochirurgie, Orthopädie, Urologie und Augenheilkunde. Das Unternehmen erweitert kontinuierlich sein inhaltliches Angebot und sucht weitere Partner, die die Digitalisierung der Patientenaufklärung vorantreiben möchten.
Die Praxis zeigt deutlich: Nutzerzentrierte Entwicklung ist kein „nice to have“, sondern die Grundlage dafür, dass digitale Lösungen im Gesundheitswesen akzeptiert, genutzt und langfristig erfolgreich werden. Genau hier entsteht der Unterschied zwischen Software, die im Klinikalltag scheitert, und Lösungen, die Ärztinnen und Ärzte wirklich entlasten.







